Das Heilige Grab als Kulisse der Karwoche

Vorübergehend aufgestellte Heilige Gräber in der Karwoche entwickelten sich im 17. Jahrhundert zu barocken Kulissenheiliggräbern. Sie konnten mit unterschiedlichen figürlichen Szenen kombiniert werden, weshalb an Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern je eigene Motive einsetzbar waren. Ihre Entstehung verdanken die Kulissenheiliggräber
dem Jesuitentheater. In farbenfrohen Aufführungen religiöser Themen setzte man neben der Musik prächtige Bühnen und illusionistische Effekte ein, um den Betrachtern auch emotional das Glaubensgeheimnis von Tod und Auferstehung Jesu zu vermitteln.

Die Feier um die Grabesruhe Christi sah früher am Karfreitag vor, nach der Kreuzverehrung das Altarkreuz oder ein Korpus des Leichnams Jesu in das Heilige Grab zu legen. Dieses war meist an einem Nebenaltar einer Seitenkapelle aufgebaut. In Süddeutschland gehörten seit dem zwölften Jahrhundert aufgesteckte Glaskugeln zum Heiligen Grab. Die farbigen oder mit gefärbtem Wasser gefüllten Glaskugeln wurden von Öllämpchen erleuchtet. Das flackernde Licht verlieh der Grabszene eine geheimnisumwitterte Atmosphäre.

Die barocken Kulissenheiliggräber wollten ganz im Sinn der Methode der Glaubensvermittlung von Ignatius von Loyola, die Gläubigen auf der emotionalen Ebene ansprechen, in dem sie die Betrachter an Tod und Leiden Christi mitfühlen und Jesu triumphale Auferstehung miterleben ließen. Die eindringlichen Bilder hatten offensichtlich mehr Überzeugungskraft als Worte. Die Auferstehung Jesu wurde oft durch das Abbrennen eines roten bengalischen Lichts am Heiligen Grab zum aufsehenerregenden Schauspiel.

Während der Säkularisation wurden die Kulissenheiliggräber vielerorts verboten, da man in ihnen die Erhabenheit der Leidensgeschichte Christi zur bloßen Unterhaltung herabgewürdigt sah. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 – 1965) verschwanden die Heiligen Gräber aus der Liturgie und Volksfrömmigkeit. Seit einigen Jahren findet man wieder Kulissenheiliggräber in den Kirchen, zum Beispiel im Kloster in Ettenheimmünster in der Ortenau.